07 Apr Thomas Mauch – Retros zum 80. Geburtstag
Thomas Mauch Retros in Berlin und München zum 80.Geburtstag – Gratulation zum Gesamtwerk
Aktuell hat das Bundesplatzkino Berlin eine 3. Retro zusammengestellt. Am Sonntag 28.5. wird um 15.30 Wallers letzter Gang gezeigt.
Das Filmmuseum in München würdigte den großen deutschen Kameramann Th.Mauch mit einer Reihe von Filmen vom 6.-9.4.17 und in Berlin gab es Anfang Februar schon eine Retrospektive seiner stilbildenden Arbeiten für den neuen Deutschen Film. Werner Herzog, Alexander Kluge, Edgar Reitz, Werner Schroeter sind einige der wichtigsten Regisseure, die Th. Mauch mit seiner Kamera über Jahre begleitete. Aber auch Helma Sanders-Brahms, Ulla Stöckl oder Pia Frankenberg sind mit Ihren Werken in dem mit weit über 100 Filmen beachtlichen Oeuvre vertreten.
https://www.muenchner-stadtmuseum.de/film/filmreihen/thomas-mauch.html
Eine Art kurzer Rückblick von meiner Seite, da ich das Glück hatte mit ihm einige Filme zu drehen:
Als ich meinen ersten Kinofilm WALLERS LETZTER GANG plante, war ich auf der Suche nach einem Kameramann, der die Bilder der Bahnstrecke und die Vergangenheit mit der Poesie der vergehenden Zeit der Gegenwart verweben konnte. Ja, der die Sinnlichkeit dieses speziellen Allgäuer Heimatfilmes in seinen Rückblenden einfangen konnte. Ich bereiste Festivals und sah mich nach Bildgestaltern um, aber immer wieder kam ich auf Th.Mauch zurück, dessen Bilder und Stimmungen mir gefielen, ja entsprachen. Als junger Regisseur traut man sich natürlich kaum zu glauben, eine Koryphäe zu engagieren, überhaupt anzufragen. Aber schließlich hatte ich das Drehbuch fertiggeschrieben und schickte es im September 1986 an seine Adresse in München. Die Monate Oktober November gingen ins Land, ich wartete und je länger es dauerte, desto fatalistischer wurde ich. Mitte Dezember begann ich endgültig, den Traum abzuschreiben, mit ihm drehen zu können. Aber am ersten Weihnachtsfeiertag um 11 Uhr früh klingelte das Telefon, ein gewisser Th.Mauch meldete sich, gut gelaunter Stimmung, er habe das Drehbuch zu WALLERS LETZTER GANG gelesen und fände es prima. Er war mit Werner Herzog auf Motivsuche zu Cobra Verde in Afrika gewesen und fand das Drehbuch erst jetzt kurz vor Weihnachten im Briefkasten vor. Wenige Tage später im Neuen Jahr trafen wir uns hinter ARRI in einem kleinen Münchener Cafe. Ich erinnere mich, dass wir uns mehr als 5 Stunden intensiv unterhielten, über das Projekt, den Stil der Bilder, über Gott und die Welt und immer wieder über das Filmemachen. 6 Filme drehten wir zusammen. Für die Zusammenarbeit, für die Erfahrungen, für die Bilder und Stimmungen bin ich sehr dankbar. Ich habe viel gelernt und viel gewagt, weil ich einen starken Kameramann an der Seite hatte, mit dem man immer wieder aufs Ganze gehen konnte.
Für meinen zweiten großen Kinofilm TRANSATLANTIS waren wir Mitte der 1990er unterwegs im Himalaya. Auf Motivsuche. Von Kathmandu Richtung tibetischer Grenze suchten wir Drehorte, aber Mauch missfiel zunächst der nepalesische Himalaya, es sei im Tessin spannender zu drehen als hier, wiederholte er Gebetsmühlenartig… Dann mussten wir übernachten in einer schäbigen Grenzstation, Extrembergsteiger auf dem Weg zu 8000er Besteigung nächtigten auch hier: zwecks Akklimatisierung. Wir waren aber sehr ungeduldig, allen voran Th.Mauch. Er wollte höher hinaus. Also fuhren wir am nächsten Tag einfach voreilig ab. Wir erreichten bald 5.500 Höhenmeter. Mauchs Euphorie anhand der Himalaya Bilder und Szenerien war unbeschreiblich. Endlich schien sich unsere Reise gelohnt zu haben. Am Ende des Motivsuche Tages aber fuhren wir über das Hochplateau am Everest. Plötzlich lies Thomas Mauch den Jeep anhalten, und musste sich wegen Höhenkrankheit übergeben. Kaum hatte er dies überstanden, rief er nach der Kamera. „Schau mal diese Stimmung im Sonnenuntergang.“ Und schon drückte er den Aufnahmeknopf.
Mit Mauch ist die Vorbereitung intensiv, traumwandlerisch. Er steigt in das Projekt ein, vergisst alles rechts und links daneben. Alle Anrufe und Störungen von außen werden abgewiesen. Abgeschmettert. Er ist da. Voll da. In allen Belangen denkt er mit. Dabei ist er nicht nur fürs Bild kompetent. Er weiß um Produktion, Finanzierung und Förderungshintergründe. Gebürtig aus dem schwäbischen will er nie viel Geld ausgeben. Eher bescheidet er sich im technischen Aufwand aufs nötigste. Überhaupt. Selten haben wir über Technik gesprochen, Linsen oder Licht. Eher über Stimmungen, Inhalte und wie man eine richtig gute Idee für die Umsetzung des Inhalts herbekommen könnte. Es darf nie zu normal sein. Deswegen provozierte er oft, um der Normalität, ja der Banalität des Augenblicks zu entkommen. Er sucht einen Bildzauber über die Location zu legen, ohne deswegen per se „schön“ sein zu wollen-ständig auf der Suche nach einer passenden Perspektive.
Alexander Kluge hat Anfang 2017 einen sehenswerten Magazinbeitrag gebracht, hier:
http://magazin.dctp.tv/2017/04/04/thomas-mauch-zum-80-geburtstag/
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